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Influencer-Marketing und Politik – Dürfen sich Creator politisch äußern?

Influencer-Marketing und Politik – Dürfen sich Creator politisch äußern? | Lucky Shareman

Auf Social Media geht es schon lange nicht mehr nur um Beauty und Fashion. Aber ist politische Werbung erlaubt? Und ab wann gilt eine Meinungsäußerung als Werbung?

Auf Social Media geht es schon lange nicht mehr nur um Beauty und Fashion. Auch gesellschaftlich relevante Themen wie Politik sind Teil des Contents auf Instagram und Co.. Aber ist politische Werbung erlaubt? Und ab wann gilt eine Meinungsäußerung als Werbung?

Content Creator thematisieren auf ihren Social-Media-Plattformen zunehmend auch Politik. Das beste und bekannteste Beispiel dafür ist wohl Rezos YouTube-Video „Die Zerstörung der CDU“, in dem er seine politische Meinung teilt und die CDU nicht gerade gut wegkommt. Auch das Klanzlerinnen-Interview von LeFloid wurde millionenfach geklickt. Doch sobald Influencer:innen beginnen, politische Werbung zu machen oder sich für eine Partei zu engagieren, kann das Ganze zu einer schwierigen Gratwanderung werden.

Das sagen die Gesetze

In den sozialen Netzwerken ist die Grenze zwischen der freien Meinungsäußerung und unzulässiger Werbung ziemlich schmal. Überschreiten Creator die Grenze, kann es gut sein, dass sie Post von den Landesmedienanstalten bekommen. Das sind die Aufsichtsbehörden für Telemedien, Radio- und Fernsehprogramme. Sie entscheiden, ob es sich bei einer Aussage um eine Meinungsäußerung handelt, die durch Art. 5 des Grundgesetzes gedeckt ist, oder bereits um unzulässige Werbung. Ist Letzteres der Fall, muss der oder die Betroffene ein Bußgeld zahlen. Ist die Behörde noch nicht sicher, muss der oder die Betroffene erstmal einen Anhörungsbogen ausfüllen, damit sie feststellen kann, ob es sich bei der Äußerung um Werbung handelt oder nicht.

Die gesetzliche Grundlage dafür ist im Rundfunkstaatsvertrag (seit 2020: Medienstaatsvertrag MStV) zu finden. Die Grundlage für das Verbot von politischer Werbung bildet § 7 Abs. 9 S. 1 RStV. Dieser besagt, dass die Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art unzulässig ist. Dieser Paragraf bezieht sich jedoch nur auf Fernsehen und Radio, aber nicht auf Instagram, YouTube oder andere soziale Netzwerke. Dafür gibt es § 58 Abs. 3 RStV. Mit diesem Paragrafen wird der Anwendungsbereich auf Social Media erweitert. Demnach gilt § 7 RStV auch für „Telemedien mit Inhalten, die nach Form und Inhalt fernsehähnlich sind und die von einem Anbieter zum individuellen Abruf zu einem vom Nutzer gewählten Zeitpunkt und aus einem vom Anbieter festgelegten Inhaltekatalog bereitgestellt werden“. Dadurch ist politische Werbung auch auf Instagram und Co. verboten.

Die Medienanstalten haben einen Leitfaden zur Werbekennzeichnung erstellt, aus welchem ebenfalls hervorgeht, dass politische Werbung in Online-Medien nicht erlaubt ist. Eine Ausnahme bilden statische Beiträge, also reine Bild- und Textbeiträge, wenn diese zu Beginn des Beitrags deutlich darauf hinweisen, in wessen Interesse der Beitrag erstellt wurde (z.B. „finanziert durch“). Bei reinen Bild-Beiträgen ohne Text ist ein deutlich sichtbarer grafischer Hinweis im Bild erforderlich. Eine undeutliche, kleine oder in transparenter Schrift gehaltene Kennzeichnung reicht nicht aus. In Video- und Audiobeiträgen ist politische Werbung gänzlich verboten.

Meinung oder Werbung?

Aber wann genau gilt eine Aussage als unzulässige Werbung?

Um diese Frage zu beantworten, muss erstmal zwischen der zulässigen Meinungsäußerung und der unzulässigen Werbung unterschieden werden.

Erhält der/die Influencer:in eine Gegenleistung für seine/ihre Äußerung, wie zum Beispiel eine Vergütung, gilt die Äußerung als Werbung. Das ist ebenfalls der Fall, wenn er/sie mit seiner/ihrer Aussage die politische Willensbildung anderer beeinflussen möchte, egal ob er/sie eine Partei schlecht redet oder besonders positiv hervorhebt. Wenn die Äußerung des Creators hingegen auf Fakten basiert, gilt sie als Meinung, welche durch das Gesetz der Meinungsfreiheit zulässig ist.

Manche Fälle sind jedoch nicht immer eindeutig. Es kommt beispielsweise vor, dass Influencer:innen Einladungen zu Parteiveranstaltungen, wie etwa zu Parteitagen, bekommen, um sich dort ein eigenes Bild von den Parteien zu machen. Das klingt zunächst unverfänglich, doch problematisch wird es bereits, wenn beispielsweise die Reisekosten gezahlt werden. Denn dann erwartet die Partei im Zweifel irgendeine Art von positiver Berichterstattung über sich selbst als Gegenleistung. In solchen Situationen sollten sich Influencer:innen gut überlegen, ob sich das wollen und wenn sie sich dafür entscheiden, solch eine Einladung oder andere Formen der Zusammenarbeit unbedingt transparent machen.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist es nicht immer ratsam, mit Politikern oder Parteien zusammenzuarbeiten. Denn wenn sich jemand öffentlich zu politischen oder religiösen Fragen äußert, reibt das die Menschen häufig auf und regt sie zu Diskussionen an, sodass es zu Konflikten kommen kann. Dadurch besteht die Gefahr, Follower:innen oder auch andere Werbepartner zu verlieren.

Politisch – aber nicht parteiisch

Trotz dessen kann es vorteilhaft sein, wenn sich Influencer:innen mit politischen Themen beschäftigen und ihrer Community wichtige Botschaften vermitteln, zum Beispiel zu Themen wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz. Dabei kommt es jedoch darauf an, WIE sie so etwas kommunizieren. Am besten ist es wohl, wenn sie ihre Community einfach auf diese Themen aufmerksam machen, ohne für irgendwen zu werben. Beispielsweise indem sie etwas sagen wie: „Hey, das und das sind Botschaften und Werte, hinter denen ich stehe und für die ich mich einsetzen möchte. Wenn ihr das ähnlich seht, dann sucht euch doch mal eine Partei, die eure Werte vertritt.“

So tragen Influencer:innen dazu bei, dass sich ihre Follower:innen mit politischen Themen auseinandersetzen und sich eine eigene Meinung bilden. Und das ist durchaus wichtig. Denn so können Influencer:innen dafür sorgen, dass sich mehr Menschen für politische Themen interessieren und folglich mehr Menschen an den Wahlen beteiligen. Hier ist nur wichtig: Influencer:innen können politisch sein, aber nicht parteiisch.

So geht’s richtig!

Es gibt einige positive Beispiele, die zeigen: Politisches Influencer-Marketing ist möglich, wenn es den Richtlinien entspricht. Eine der größeren Kampagne ist die Influencer-Kampagne „Diesmal wähle ich“ zur Europawahl 2019.

Bei der Europawahl zuvor, war die Wahlbeteiligung der jungen Zielgruppe sehr schlecht. Daher hatte das Europäische Parlament beschlossen, Influencer:innen als Werbepartner:innen für die Wahl 2019 zu gewinnen, um so vermehrt junge Menschen zu erreichen. Auf diese Weise setzte das EU-Parlament auf eine zeitgemäße Zielgruppenansprache und erreichte die jungen Wähler:innen dort, wo sie sich bevorzugt aufhalten: In den sozialen Medien.

Gekleidet in einem Hoodie im Style der Europaflagge, machten Fashion- und Lifestyle-Influencer:innen auf die anstehende Europawahl aufmerksam. Der Fokus wurde hier absichtlich auf Accounts gelegt, die nichts mit Politik zu tun haben, da die Communities von Accounts mit politischen Inhalten sich ohnehin meist politisch engagieren.

Auf ihren Kanälen Instagram, YouTube und Co. erklärten sie, wie die EU und die Wahlen funktionieren, gaben Tipps zur persönlichen politischen Meinungsbildung, veranstalteten Online-Ratespiele, machten Straßenumfragen und integrierten ein Gewinnspiel. Einen Beitrag findet man beispielsweise hier.

Die Influencer:innen sahen dies als ihre gesellschaftliche Pflicht an, denn auf diesem Wege konnten sie erreichen, dass Politik im Alltag der jungen Menschen eine größere Rolle spielt und sie sich ein umfassendes Bild zur aktuellen Politik machen konnten. Durch die Algorithmen könne es leicht passieren, dass Nutzer:innen in ihrer eigenen Blase leben, die sie von anderen Themen, wie etwa Politik, abschotten kann. Auch machten sie auf spezifische relevante Themen wie Frauenrechte oder Umweltschutz aufmerksam. Die Influencer:innen achteten aber stets darauf, neutral und unparteiisch zu berichten.

Die ganze Kampagne bekam unglaublich positive Resonanz, sorgte für einen intensiven Austausch und weckte gerade bei Erstwähler:innen Interesse an der Wahl.

Eine zweite erfolgreiche politische Kampagne war die TikTok-Kampagne „Brief ans Morgen“ für die Briefwahlen 2022 in Nordrhein-Westfalen. Die Kampagne lief im Namen der Demokratie. Sie hatte zum Ziel, junge Leute auf die Landtagswahlen in NRW hinweisen und Aufmerksamkeit auf die Briefwahlen lenken. Die Content Creator:innen sollten ihren Briefumschlag für die Briefwahlen auf kreative und witzige Art und Weise in den Briefkasten werfen – je verrückter, desto besser. So sollten junge Follower:innen animiert werden, ebenfalls an der Wahl teilzunehmen. Wie auch die Kampagne zur Europawahl wurde die Briefwahl-Kampagne super von den Communities angenommen und hat sich positiv auf die Wahlbeteiligung ausgewirkt. Eins der TikTok-Videos findet man hier.

Diese Kampagnen beweisen: Influencer-Marketing funktioniert auch im politischen Kontext. Man muss es nur richtig machen.